Für
die Beauftragung eines Sachverständigen in einem Schadensfall gibt es
mehrere wichtige Gründe, um bei der Schadensregulierung keine Nachteile
zu erleiden. Die Gründe sind sehr vielschichtig und werden nachfolgend
ausführlich erklärt.
Beweissicherung
Im Falle eines
Kraftfahrzeughaftpflichtschadens ist eine Beweissicherung, die im
Rahmen eines Schadensgutachtens, erstellt wird, der wichtigste
Bestandteil eines Schadensgutachtens. Auf den gefertigten Lichtbildern
ist der Schadensumfang, die Anstoßintensität sowie teilweise die
Anstoßrichtung zu erkennen. Bei Streitfällen mit dem Unfallgegner kann
auf Basis einer fachgerecht durchgeführten Lichtbilddokumentation eine
Unfallrekonstruktion zur Klärung der Schuldfrage durchgeführt werden.
Anhand der Lichtbilder läßt sich mit Hilfe einer Skalierung das
Schadensbild erfassen und eine Computersimulation durchführen (hierzu
werden in der Regel alle beteiligten Fahrzeuge sowie Gegenstände mit
Schadensbild benötigt). Gibt es keine Beweissicherung, weil bei einem
Schaden kein Gutachten erstellt wurde, sondern das Fahrzeug direkt
repariert wurde, gibt es nur schwer eine Möglichkeit der Rückrechnung
bzw. Aufklärung.
Reparatur
Der
nächste wichtige Grund für die Beauftragung eines Sachverständigen zur
Erstellung eines Gutachtens liegt in der neutralen, objektiven
Feststellung des Reparaturweges und der daraus resultierenden
Reparaturkosten. Dieser Punkt ist für alle Beteiligten einer
Schadensregulierung wichtig, um erstens für den Geschädigten einen
fachgerechten sowie sinnvollen Reparaturweg herauszuarbeiten, bei dem
die Reparaturkosten relativ genau festgelegt sind. Somit wird
sichergestellt, daß die später beauftragte Reparaturwerkstätte nicht zu
wenig oder zuviel repariert. Zweitens ergibt sich für die
Reparaturfirma ein klarer Arbeitsumfang für die fachgerechte
Instandsetzung, somit werden Probleme und Diskussionen zwischen dem
Geschädigten und der Reparaturfirma vermieden, die häufig hinsichtlich
des Reparaturweges (z. B. Kotflügel instandsetzen oder erneuern)
entstehen. In der Regel kann die Reparaturwerkstätte anhand der
vorliegenden Reparaturkostenkalkulation des Sachverständigen bereits
die Ersatzteilbestellung vornehmen, wodurch unnötige Stand- sowie
Wartezeiten vermieden werden. Zum Dritten ist für den Versicherer
bereits sehr früh (mit Einreichen des Gutachtens noch vor der
Reparatur) erkennbar, in welcher Größenordnung sich der Schadensumfang
bewegt und ob Vor- bzw. Altschäden* im Schadensbereich vorhanden sind.
Altschäden stellen eine Minderung der Schadenshöhe dar und werden im
Rahmen der Kalkulation eines Sachverständigen berücksichtigt und
bereits in Abzug gebracht. Gleichermaßen verhält es sich mit evtl.
vorhandenen Rostschäden und Gebrauchsspuren sowie Betriebsschäden. Der
Gesetzgeber hat im Haftpflichtgesetz klar festgelegt, daß
Schadensersatz in monetärer Form zu leisten ist, jedoch der Geschädigte
nicht besser gestellt werden darf, als vor dem Schaden (er darf sich
daran nicht bereichern). Im Umkehrschluß bedeutet dies, der Geschädigte
hat Anspruch auf exakt diesen Betrag, der sich als Restitutionskosten
durchschnittlich bzw. belegt ergeben und nicht weniger.
Totalschaden
Der
Geschädigte eines Unfallereignisses kann frei entscheiden, ob er seine
beschädigte Sache, reparieren läßt oder nicht. Er kann entscheiden, wo
und von wem er seine beschädigte Sache reparieren läßt. Einzige
Ausnahme stellt der Wirtschaftlichkeitsgedanke dar, das bedeutet, hat
beispielsweise ein Kraftfahrzeug einen derzeitigen Wert am Markt von z.
B. 1.000 EUR und erleidet dies einen Verkehrsunfall, bei dem
Reparaturkosten in Höhe von z. B. 3.000 EUR entstanden sind. In so
einem Fall hat der Geschädigte lediglich Anspruch auf den monitären
Ersatz des Wertes der beschädigten Sache unmittelbar vor
Schadenseintritt. Es handelt also hier um einen wirtschaftlichen
Totalschaden**. Von der Entschädigungssumme abgesetzt werden können nur
noch Restwerte***. Im Falle von Verschrottungs- oder Entsorgungskosten
stellen diese einen negativen Restwert dar. Tritt ein wirtschaftlicher
Totalschaden ein, ist das für alle Beteiligten des Schadensfalles nach
Erstellung eines Schadensgutachtens erkennbar. Das heißt, der
Geschädigte wird in so einem Falle sofort erkennen können, daß er
keinen Reparaturauftrag erteilen kann/darf, da der eintrittspflichtige
Versicherer hier die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten nicht
übernehmen wird, sondern auf Basis Wiederbeschaffungswert abzüglich
Restwert abrechnen wird. Eine Reparaturwerkstätte kann aufgrund des
Gutachtens sofort erkennen, ob eine Reparatur unter dem Hintergrund des
Wirtschaftlichkeitsgedanken als sinnvoll erscheint und durchgeführt
wird oder besser ein anderes Fahrzeug wiederbeschafft wird. Der
Versicherer kann in so einem Fall ebenfalls erkennen, daß keine
Reparatur durchgeführt wird, sondern eine fiktive****
Schadensabrechnung vorzunehmen ist.
Wertminderung
Insbesondere
bei Verkauf des Fahrzeuges, wird sich eine Verkaufspreiseinbuße durch
Angabe des reparierten Schadens ergeben, die dann nicht mehr oder nur
noch schwer auszugleichen ist. Um diese finanzielle Einbuße zu
kompensieren, besteht bei neueren Fahrzeugen bis zu einem Fahrzeugalter
von 5-7 Jahren (je nach Typ) unter Umständen Anspruch auf einen
merkantilen Minderwert. Wenn der Geschädigte in so einem Fall kein
Gutachten erstellen läßt, wird er in der Regel auch keine Wertminderung
bekommen. Ersetzt wird nur, was gefordert wird, daher ist es zwingend
notwendig, um keine finanzielle Nachteile als Geschädigter zu erleiden,
ein Sachverständigengutachten erstellen zu lassen. Hier wird natürlich
in jedem Falle geprüft, ob das Fahrzeug mit dem vorliegenden
Schadensbild Anspruch auf eine Wertminderung hat oder nicht und ggf. in
welcher Höhe.
Leasing /
Finanzierung
Ist das Fahrzeug
geleast oder finanziert, benötigen in der Regel die Sicherungseigner
des Fahrzeugs grundsätzlich ein Schadensgutachten, um keine
finanziellen Nachteile zu erleiden.
Wiederverkauf
Es
hat sich in der Praxis als positiv herausgestellt, wenn man bei einem
späteren Verkauf des reparierten Fahrzeuges, dem Käufer ein Gutachten
über den früheren Schaden aushändigen kann. Hier werden viele Prozesse
wegen verschwiegenen Unfallschäden bereits im Vorfeld
vermieden.
* Vorschäden sind bereits reparierte Schäden,
Altschäden sind unreparierte Schäden
**
Ein wirtschaftlicher Totalschaden ist dann eingetreten, wenn die
Reparaturkosten höher sind, als der Wert unmittelbar vor
Schadenseintritt
*** Den Restwert einer beschädigten Sache stellt den Wert da, der für
die beschädigte Sache noch erzielbar ist
**** fiktiv bedeutet theoretisch ohne Beleg